33.000,00 Euro Vergleichssumme für unsere Mandantin nach zu spät erkannter Nachblutung aus einer Leberarterie mit nachfolgendem hämorrhagischem Schock, Landgericht München I, 9 O 1663/22.
Medizinrecht – Arzthaftung – unterlassene Befunderhebung – Schmerzensgeld
Unsere Mandantin stellte sich zur laparoskopischen Leberteilresektion mit Cholezytektomie bei der Beklagten vor.
Postoperativ bemerkte unsere Mandantin bereits im Aufwachraum starke Schmerzen im Oberbauch. Diese resultierten, wie sich später herausstellte, aus einer nicht verschlossenen Leberarterie, welche innere Blutungen verursachte.
Da die Schmerzen schlimmer wurden, meldete unsere Mandantin dies sofort beim Pflegepersonal an. Auf die Beschwerden und Schmerzes unserer Mandantin wurde jedoch nicht reagiert.
Auch als das Abdomen schon schmerzhaft und sichtbar aufgetrieben war erfolgte keine Reaktion der behandelnden Ärzte.
Erst rund 24 Stunden später wurde festgestellt, dass peripher keine Pulse tastbar waren und sich unsere Mandantin in einem hypovolämischen Schock befand.
Anschließend wurde versucht, unsere Mandantin mit Bluttransfusionen und weiteren Maßnahmen zu stabilisieren, dies gelang erst nach einer Stunde.
Unsere Mandantin wurde bei postoperativer Nachblutung notfallmäßig relaparoskopiert. Der mit Blut vollgelaufene Bauchraum sollte „ausgeräumt“ werden. lntraoperativ wurden 2 homologe Erythrozytenkonzentrate (ungekreuzt), 2 Fresh Frozen Plasmen, sowie 41 Kristalloide verabreicht und Calcium substituiert. Eine Katecholamintherapie mit Noradrenalin war erforderlich. Der initiale HB Wert von 15,4 g/dl war auf 3,7 g/dl abgesunken, was üblicherweise nicht mehr mit dem Leben vereinbar ist.
Sie erlitt einen hypovolämischen Schock und musste um ihr Leben kämpfen. Weiter musste sie eine schwere Re-OP mit massiver Koagelausräumung, Bauchspülungen, mehrfache Bluttransfusionen, Infusionen von Plasma und Gerinnungsfaktoren (initial natürlich ungekreuzt da hierzu keine Zeit mehr blieb) über sich ergehen lassen.
Unsere Mandantin leidet bis heute unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung hat die Haftung dem Grunde nach außergerichtlich anerkannt. Eine Einigung kam trotzdem nicht zustande, da keine Einigung hinsichtlich der Höhe der Ansprüche erzielt werden konnte.
Erst auf Vorschlag des Landgerichts war die Beklagte zu einer angemessenen Regulierung bereit.
Anmerkung:
Im Fall eines Behandlungsfehlers in Form einer unterlassenen Befunderhebung kann es auch unterhalb der Schwelle zum groben Behandlungsfehler zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Patienten kommen. Voraussetzung hierfür ist, dass die vorwerfbar unterbliebene Überprüfung bei zeitgerechter Durchführung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bereits zu diesem Zeitpunkt einen reaktionspflichtigen Hinweis erbracht hätte und die Verkennung des hinreichend wahrscheinlichen Befundergebnisses oder das Untertassen der lege artis gebotenen Maßnahmen als grober Behandlungsfehler einzuordnen ist.
Im Falle unserer Mandantin war sogar ein grober Befunderhebungsfehler in Betracht zu ziehen Die nicht Erhebung der medizinisch gebotenen Befunde und die dadurch bedingte Unterlassung oder Einleitung einer fehlerhaften Therapie stellt einen groben Befunderhebungsfehler dar, wenn ganz offensichtlich gebotene und der Art nach auf der Hand liegende Kontrollerhebungen unterlassen und darüber die nach einhelligem medizinischer Auffassung gebotenen Therapiemaßnahmen versäumt wurden (BGH, NJW 1989, 2332; NJW 1995, 778, 779).