Rechtsanwalt für Behandlungsfehler – Befunderhebungsfehler
Ärzten stehen heutzutage zahlreiche modernste Untersuchungsverfahren (Kernspintomografie, Computertomografie, Ultraschall) zur Verfügung mit welchen in der Regel auch ohne Operation des Patienten jeder Winkel des Körperinneren detailliert abgebildet werden kann. Labordiagnostisch können Krankheitsbilder frühzeitig ermittelt werden. Dieser erfreuliche medizinische Fortschritt bringt für den Arzt zwangsläufig ein deutlich erhöhtes Haftungsrisiko mit sich. Wird die Einholung aus objektiver Sicht maßgeblich notwendiger Befunde unterlassen, stehen Befunderhebungsfehler im Raum.
Nach allgemeinen Grundsätzen führt ein grober Befunderhebungsfehler für den Patienten zur Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den eingetretenen primären Gesundheitsschaden. Dies ist dann der Fall, wenn gegen elementare medizinische Erkenntnisse verstoßen wurde und ein Fehler vorliegt, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf (BGH 25.10.2011, VI ZR 139/10, Rn.8). Bei Befunderhebungsfehlern ist dies insbesondere dann der Fall, wenn Befunde nicht erhoben wurden, die zur Abwehr schwerer Gesundheitsschäden ersichtlich erforderlich gewesen wären.
Die Besonderheit eines Befunderhebungsfehlers liegt darin, dass auch ein für sich genommen einfacher (nicht grober) Fehler zu einer Beweislastumkehr des Patienten führen kann. Entscheidend ist, dass bei sich im Falle der Erhebung eines Befundes mit hinreichender Sicherheit (Wahrscheinlichkeitsgrad von über 50 %) ein reaktionspflichtiger Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung oder die Nichtreaktion auf diesen als grob fehlerhaft darstellen würde.