Die „Implant Files“

Ein internationales Recherchekonsortium deckt Missstände rund um das Geschäft mit Medizinprodukten auf. Aus aktuellem Anlass folgt ein Beitrag zum Thema Medizinprodukthaftung:

I. Aktuelles

Medizinprodukte – vom einfachen Pflaster bis hin zu Prothesen und Herzschrittmachern – können Leben retten, die Lebensqualität steigern oder lebensverlängernd wirken. Wenn alles gut läuft…

In der Realität müssen jedes Jahr zehntausende künstliche Hüften, Herzschrittmacher oder Bandscheibenprothesen aufgrund von Problemen wieder herausgenommen und durch aufwändige Operationen ausgetauscht werden. Skandale im Zusammenhang mit Medizinprodukten, wie zum Beispiel das Aufsehen um das Medizinprodukt der Brustimplantate aus Industriesilikon der französischen Firma PIP standen immer wieder im Fokus der medialen Berichterstattung und Rechtsprechung. Allein im Jahr 2017 wurden dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ca. 14.000 Vorkommnisse mit Medizinprodukten angezeigt. Damit haben sich die Meldungen in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht, Tendenz weiter steigend. Doch die Dunkelziffer wird noch viel höher geschätzt.

II. Juristische Würdigung

Nun stellt sich die Frage, welche juristische Möglichkeiten betroffene Patienten fehlerhafter Medizinprodukte haben. Hierbei kommt neben der Herstellerhaftung ebenso eine Haftung des implantierenden Arztes/Krankenhauses in Betracht – dabei ist wie folgt zu unterscheiden:

  1. Haftung des Medizinprodukteherstellers auf Schmerzensgeld und Schadensersatz

Ein Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller des Medizinproduktes kann sich im Rahmen der Gefährdungshaftung aus § 1 ProdHaftG oder als verschuldensabhängige Haftung aus § 823 BGB ergeben. Beide Anspruchsgrundlagen haben nebeneinander Bestand und es ergeben sich nur wenige signifikante Abweichungen.

Gelingt der Nachweis über die haftungsbegründenden Tatsachen (fehlerhaftes Produkt, Schadenseintritt, ursächlicher Zusammenhang zwischen der Fehlerhaftigkeit des Produktes und des eingetretenen Schadens), so ist der Hersteller grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet. Im Rahmen der Produzentenhaftung nach § 823 Abs. 1 BGB muss zusätzlich der Beweis erbracht werden, dass der Hersteller die ihm obliegende Pflicht schuldhaft verletzt hat. Die Rechtsprechung nimmt allerdings eine Beweislastumkehr zugunsten der Patienten an, sofern der Fehler als solcher positiv festgestellt wurde.

  1. Haftung des behandelnden Arztes/Krankenhauses auf Schmerzensgeld und Schadensersatz 

Auch direkt gegen den behandelnden Arzt bzw. den Krankenhausträger kommen Ansprüche sowohl aus vertraglicher Haftung gem. § 280 Abs. 1 BGB als auch aus deliktischer Haftung gem. § 823 BGB bzw. § 831 BGB in Betracht. Dabei ist zunächst zu klären, welche Sorgfaltspflichten bestehen, deren Missachtung zu einer Pflichtverletzung führen können. Die Sorgfaltspflichten ergeben sich im Wesentlichen aus dem Medizinproduktegesetz sowie der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten. Der Arzt muss sich beispielsweise vor der Anwendung von der Funktionsfähigkeit des Medizinproduktes überzeugen und sich anhand der Herstellerinformationen mit Funktionsweise und spezifischen Risiken vertraut machen. Werden Sorgfaltspflichten missachtet, so kann es zur Haftung führen.

III. Fazit/Aussicht

Trotz der eindeutigen Zahlen und Skandale in der Vergangenheit besteht auch weiterhin die Gefahr der frühzeitigen und unzureichend getesteten Markteinführung von Medizinprodukten. Die Folge ist, dass jeden Tag aufs Neue hochriskante Produkte in Menschen eingesetzt werden, die unzureichend getestet worden sind. Um diese Situation langfristig verbessern zu können, sollte zunächst etwas an dem intransparenten und komplett privatisierten System geändert werden. Solange das Verfahren nicht europaweit revolutioniert wird, kann es jederzeit wieder zu einem PIP-Skandal kommen.

Die Recherchen zum Thema „#implantfiles“ sind auf der Internetseite www.implantfiles.de einsehbar.

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