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Behandlungsfehler – wie verhalte ich mich richtig?

Wir sagen Ihnen, wie Sie sich am besten verhalten, wenn Sie vermuten, Opfer eines Behandlungsfehlers geworden zu sein.

Anfertigung eines Gedächtnisprotokolls

Haben Sie den Verdacht, Opfer einer ärztlichen Fehlbehandlung geworden zu sein? Dann ist es wichtig, den Ihrem Verdacht zugrundeliegenden Sachverhalt schnellstmöglich detailliert schriftlich festzuhalten. Denn es besteht die Gefahr, dass mit zunehmenden Zeitablauf wichtige Details in Vergessenheit geraten. Notieren Sie sich in diesem Zusammenhang auch die Namen und Adressen möglicher Zeugen, z. B. der Bettnachbarn im Krankenhaus, und bitten Sie auch diese, ein Gedächtnisprotokoll anzufertigen und Ihnen zu überlassen.

Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt

Lassen Sie sich im nächsten Schritt schnellstmöglich von einem auf den Bereich des Medizinrechts bzw. Arzthaftungsrechts spezialisierten Rechtsanwalt beraten. Bestenfalls handelt es sich hierbei um einen echten Patientenanwalt, der nur auf Patientenseite tätig ist und keine Behandler vertritt. Nur so lässt sich ein Interessenskonflikt ausschließen.

Sichtung und Vervollständigung der Behandlungsdokumentation

Ihr Rechtsanwalt wird zunächst die Ihnen bereits vorliegende Behandlungsdokumentation prüfen. Da dem Patienten meist nicht die vollständige Patientenakte des Schädigers vorliegt, ist es in der Regel zwingend erforderlich, Einsicht in diese zu nehmen. Gem. 630g BGB ist der Patient berechtigt, gegen Erstattung von (Kopier-) Kosten eine elektronische Abschrift der gesamten Behandlungsdokumentation zu verlangen.

Um das Gesamtbild des Behandlungsgeschehens zu vervollständigen ist es- auch im Hinblick auf eine spätere Begutachtung- sinnvoll, auch die Behandlungsdokumentation der wesentlichen Vor- und Nachbehandler anzufordern.

Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens

Da Ihr Rechtsanwalt „nur“ Jurist und kein Arzt ist, kann er in der Regel zwar eine erste rechtliche Einschätzung zum Sachverhalt abgeben. Eine endgültige Bewertung der medizinischen Fragestellung kann von ihm jedoch nicht geleistet werden. Aus diesem Grund ist es in der Regel unerlässlich, den Behandlungsfehlervorwurf von einem medizinischen Sachverständigen überprüfen zu lassen.

Die Begutachtung erfolgt dabei zumeist auf Grundlage der Behandlungsdokumentation, welche den streitgegenständlichen medizinischen Sachverhalt in der Regel vollständig widerspiegelt. Eine persönliche Untersuchung durch den Sachverständigen ist insbesondere für die Beurteilung der durch den Behandlungsfehler eingetretenen Gesundheitsschäden sinnvoll, ist jedoch nicht in allen der nachfolgend aufgeführten Begutachtungsverfahren vorgesehen.

MDK – Gutachten

Gesetzlich Krankenversicherte haben die Möglichkeit über ihre Krankenkasse ein kostenfreies Sachverständigengutachten erstellen zu lassen. Die Krankenkasse bedient sich dabei des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK). Die Krankenkasse ist nur dann nicht zur Einholung eines solchen Gutachtens verpflichtet, wenn sie die Kosten für die streitgegenständliche ärztliche Behandlung nicht getragen hat, was beispielsweise bei einem Arbeitsunfall oder einer rein ästhetisch motivierten Operation der Fall sein kann.

Vorteilig für Sie ist, dass das sog. MDK- Gutachten für Sie kostenfrei ist und in der Regel binnen eines Zeitraums von ca. 6- 8 Monaten vorliegt. Der Nachteil besteht darin, dass die Neutralität und Qualität der MDK- Gutachten von den gegnerischen Haftpflichtversicherungen- und häufig auch von den Gerichten- in Zweifel gezogen werden. Es kann damit nicht garantiert werden, dass mit einem positiven MDK- Gutachten eine außergerichtliche Regulierung mit der Gegenseite erreicht werden kann. Das MDK- Gutachten ist aber in jedem Fall dazu geeignet, eine erste medizinische Einschätzung der Sachlage zu erreichen.

Gutachter-/ Schlichtungsverfahren bei den Ärztekammern

Die Ärztekammern der einzelnen Bundesländer haben darüber hinaus Gutachterkommissionen bzw. Schlichtungsstellen eingerichtet, die den Geschädigten ebenfalls mit der Einholung von Sachverständigengutachten unterstützen. Auch diese Verfahren sind für den Patienten meist kostenfrei. Allerdings bedarf die Durchführung eines solchen Verfahrens stets der Zustimmung des Schädigers, der in das Verfahren sodann auch voll involviert ist.

Die Verfahrensordnungen der einzelnen Gutachterkommissionen/ Schlichtungsstellen sind unterschiedlich. So sehen manchen Verfahrensordnungen die mündlichen Anhörung der Parteien vor, in anderen Fällen wird hingegen nur nach Aktenlage begutachtet. Im Ergebnis treffen einige Kommissionen nur eine Aussage zum Behandlungs-/ Aufklärungsfehlervorwurf, wohingegen manche Schlichtungsstellen bereits konkrete Regulierungsvorschläge unterbreiten.

Das Ergebnis des Gutachter-/ Schlichtungsverfahren ist für beide Parteien unverbindlich und steht insbesondere auch einer späteren Klage nicht entgegen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass ein positives Landesärztekammer- Gutachten gute Aussichten für eine außergerichtliche Schadensregulierung bietet.

Privatgutachten

Dem Geschädigten steht es schließlich frei, primär oder zusätzlich zu den vorgenannten Optionen ein Privatgutachten in Auftrag zu geben. Die Kosten hierfür trägt der Geschädigte zunächst selbst. Auch eine ggf. bestehende Rechtsschutzversicherung übernimmt diese Kosten in der Regel nicht.

Je nach Umfang des Gutachtens können die Kosten leicht im unteren bis mittleren vierstelligen Euro- Bereich liegen. Nachteilig ist zudem, dass Privatgutachten von Gegner und Gerichten häufig als nicht neutral zurückgewiesen werden.

Regulierungsverhandlungen mit der Gegenseite

Je nach Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens ist im nächsten Schritt die Gegenseite mit dem Haftungsvorwurf zu konfrontieren und zu eruieren, ob eine angemessene außergerichtliche Schadensregulierung erreicht werden kann. Die Verhandlungen erfolgen dabei in der Regel mit der Haftpflichtversicherung des Schädigers.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist zwingend ein erfahrender und spezialisierter Rechtsanwalt einzuschalten, der die geltend zu machenden Schäden realistisch einschätzt und fundiert begründet.

Bestenfalls enden die Regulierungsverhandlungen mit dem Abschluss eines sog. Abfindungsvergleichs. Es ist je nach Einzelfall zu entscheiden, ob ein solcher Vergleich für Sie Sinn macht. Besteht die große Gefahr, dass auch künftig noch mit dem Eintritt weiterer materieller und immaterieller Schäden zu rechnen ist, ist Ihnen ggf. von einem Abfindungsvergleich abzuraten, da diese dann nicht mehr geltend gemacht werden könnten.

Arzthaftungsprozess

Kommt ein Vergleich nicht zustande, weil die Gegenseite nicht oder in nicht in angemessener Höhe zur Regulierung bereit ist, sind die Erfolgsaussichten einer Arzthaftungsklage zu prüfen. Besondere Bedeutung erlangt dabei insbesondere bei nicht- rechtsschutzversicherten Mandanten das Prozesskostenrisiko. Ggf. besteht die Möglichkeit von Prozesskostenhilfe oder der Prozessfinanzierung.

Da der Ausgang eines Arzthaftungsprozesses im Wesentlichen von medizinischen Sachverständigengutachten abhängt, ist es schwierig bzw. fast unmöglich, definitive Aussagen zu den Erfolgschancen einer entsprechenden Klage zu treffen. Hierüber wird Sie Ihr Rechtsanwalt vor Klageeinreichung umfassend aufklären.

In der Regel ist das angerufene Gericht mangels ausreichender medizinischer Kenntnisse nicht in der Lage, den streitgegenständlichen Behandlungsfehlervorwurf selbst zu beurteilen, sodass es grds. verpflichtet ist, ein Gerichtsgutachten zu den zwischen den Parteien strittigen medizinischen Fragen einzuholen. Die ggf. vorgerichtlich über den MDK oder die Ärztekammer eingeholten Sachverständigengutachten haben zunächst nur einen untergeordneten Stellenwert. Weicht der Gerichtsgutachter jedoch von den Wertungen der vorgerichtlich beauftragten Sachverständigen ab, ist das Gericht gehalten, sich mit den widerstreitenden Gutachten auseinanderzusetzen und die aufgeworfenen Widersprüche aufzuklären.

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